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8. Mai 1945

8. Mai

An diesem Tag im Jahr 1945 hat Deutschland kapituliert.

 

Tag der Befreiung
Der 8. Mai 1945 war für Deutschland ein Tag der Befreiung. Zwar war er verbunden mit einer Niederlage, mit einer totalen Kapitulation, mit einer Beendigung der deutschen Eigenstaatlichkeit. Aber es war die Kapitulation der Nazi-Diktatur und damit das Ende einer brutalen Tyrannei. Es war geistlich gesehen auch das
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Ende einer exzessiv satanischen Herrschaft. Somit war der 8. Mai 1945 ein Tag echter Befreiung.
Allerdings waren es nicht nur Nazis, die kapitulierten, sondern die Nazis hatten ein ganzes Volk von 70 Mio. hineingerissen in Chaos und Verderben. Für diese Millionen Menschen war die Kapitulation Befreiung, aber auch Entrechtung. Die Sieger waren teilweise niederträchtig und brutal, so dass die Befreiung oftmals auch Leid, Schmerz und Tod mit sich brachte. Insbesondere im russisch besetzten Teil litten die Menschen, namentlich die Frauen, unter der neuen Herrschaft, aber auch im von französischen Truppen eroberten Gebiet gab es eine Vielzahl von Vergewaltigungen. Die Not war groß: viele Tote waren zu beklagen, Männer, Frauen und Kinder – umgekommen in den Schlachten des Krieges, durch die Bombenangriffe oder auf der Flucht, Männer in Gefangenschaft, Frauen geschändet, das Land zerstört.
Viele waren von Nazi-Schergen ermordet worden. Letzteres gilt auch für Millionen von Juden, die den Satanismus Hitlers mit dem Leben bezahlen mussten. In einem historisch einmaligen und in seiner Dimension fast nicht vorstellbaren Verbrechen wurden 6 Mio. Juden ermordet. Auch viele Kriegsgefangene, Zigeuner, Behinderte, Homosexuelle, Widerständler wurden auf Grund der Wahnvorstellungen der Nazis ermordet. Diejenigen, die doch überleben konnten, erlebten den 8. Mai als Tag der Befreiung.
Tragischerweise mussten viele Russen, die bei den deutschen Truppen mitgekämpft hatten auf Grund der Ignoranz und Willkür der Alliierten die neue Situation mit dem Leben bezahlen, für sie war der 8. Mai kein Tag der Befreiung.

Auch viele Völker im Osten wechselte die Diktatur, aus braun wurde rot, die Unterdrückung  blieb.

Nach mehr als sechs Jahrzehnten seit Kriegsende ist festzustellen: Der Zweite Weltkrieg hat sich nicht wiederholt. Viel
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leicht hat die Menschheit etwas dazu gelernt. Aus Erfahrung lernt man. Das Inferno mit über 50 Mio. Toten, der Abwurf der Atombomben, das Chaos, das Leid haben wohl mit dazu beigetragen, ein solches Experiment, ein solches Unterfangen, ein solches Verbrechen nicht mehr zu begehen – bisher wenigstens.

Es war erstaunlich, wie schnell sich die zerstörten Länder wieder erholten, insbesondere im Falle von Deutschland kann man von einem Wunder sprechen. Anders als nach dem Ersten Weltkrieg, in Folge dessen Deutschland im Chaos versank, ging es ab 1945 bergauf – trotz Geldentwertung, Entbehrungen und schwierigen Neuanfängen. Die deutsche Eigenstaatlichkeit konnte nach und nach, wenigstens weitgehend, wieder erlangt werden, im Westen schneller als im Osten. Doch es vollzog und verfestigte sich die Teilung, die erst 1989/90 ein Ende fand. Es dauerte 40 Jahre bis die SED-Diktatur abgeschüttelt werden konnte. Große Gebiete, die seit 1000 Jahren deutsch gewesen waren, sind im Besitz anderer Staaten.

Trotzdem war der 8. Mai ein Tag der Befreiung.

 

Bedingungslose Kapitulation
Interessant ist die Frage, ob Deutschland die bedingungslose Kapitulation gebraucht hatte für einen Neuanfang. Hätte ein erfolgreicher Putsch gegen das Nazi-Regime den Neuanfang beeinträchtigt? Wäre beispielsweise das Gelingen des Attentats vom 20. Juli 1944 kontraproduktiv gewesen für einen Neuanfang? Obwohl dies viele meinen, ist diese Frage mit einem eindeutigen Nein zu beantworten.

Grundsätzlich ist festzustellen, dass jeder Tag, an welchem das tyrannische Regime früher beendet gewesen wäre, eine Wohltat gewesen wäre. Wäre die Nazi-Diktatur beispielsweise ein Jahr früher beseitigt worden, so hätten Millionen von Menschen nicht sterben müssen: Juden, Deutsche, Russen, Amerikaner usw.

 

Auch ohne die totale Kapitulation hätte es einen Neuanfang geben können.

Vielfach wird argumentiert, dass der Neuanfang nur deshalb funktionieren konnte, weil es ein völliges Zerschlagen des „Deutschen“ gab. Doch gerade hier stellt sich die Frage, ob nicht genau dies schädlich war. War die Forderung nach der bedingungslosen Kapitulation eine Überreaktion der Alliierten, die sich für die nationale Wiedergenesung nachteilig auswirkte. Hat nicht die totale Niederlage, die bedingungslose Kapitulation, die völlige Entmachtung, die totale moralische Verachtung den Deutschen so getroffen, dass er dadurch zusätzlich traumatisiert wurde.

War dieses Ausmaß an traumatischem Erleben gut für die Genesung oder eher schlecht. Gemeinhin wird schlicht behauptet, dies sei notwendig und gut gewesen.

Dem ist zu widersprechen: Eine frühere Kapitulation, ein Rest an Achtung, ein Mindestmaß an Respekt hätte dem Wiederaufbau gut getan. Die Traumatisierung wäre leichter zu bewältigen gewesen, das Vertrauen hätte eher wachsen können, vor allem auf einer stabileren und fundierten Basis.

Der instabile Zustand eines Teils des gesamten Systems gefährdet die andern Teile. Bestehen an einer Stelle auf der Erde instabile Zustände, so ist das kein Beitrag zur allgemeinen Sicherheit, sondern ein potenzieller Risikofaktor.

Das Attentat vom 20. Juli ist gescheitert, anderen nennenswerten Widerstand gab es nicht. Ein Gelingen des Attentats war auf alliierter Seite nicht erwünscht. Man wollte mit Deutschland nicht verhandeln, sondern es besiegen und dann niederhalten und neu formen. Im Osten geschah dies nach dem 8. Mai 1945 ganz offensichtlich, auch mit brutalen Mitteln, im Westen geschah es auch, allerdings viel subtiler.

 

Nachkriegssozialisation
Die Prägung, die nun gezielt erfolgte, ging sehr tief, sie geht bis heute sogar so tief, wie es sich unmittelbar nach 1945 niemand hätte vorstellen können. Die Umerziehung wirkt nach, auch in der Enkelgeneration. Im Osten wie im Westen gab es einen Status, der mit einer Haltung vorauseilenden Gehorsams umschrieben werden kann. Obwohl davon Vieles im Laufe der Jahrzehnte abgestreift werden konnte, stellt sich die Frage, was erhalten geblieben ist, insbesondere was introvertiert wurde und nun sogar als wesensmäßig vorhanden erscheint.

Geblieben ist beim Deutschen die Infragestellung seiner selbst, die Infragestellung der eigenen nationalen Identität, die Infragestellung der eigenen Geschichte – auch der Geschichte außerhalb der Jahre 1933 bis 1945 – geblieben ist das Verlangen, von den Nachbarn anerkannt zu werden, das Liebedienern um diese Anerkennung, das alles besonders Rechtmachen-Wollen. (Beispielsweise äußerte Gerhard Schröder, ehemaliger Bundeskanzler, noch in Rom, man wolle von allen Staaten der Erste sein bei der Ratifizierung des EU-Verfassungsvertrags.)

 

Identitätswandel?
Es kam bei vielen Nachkriegsdeutschen, insbesondere bei etablierten Kreisen zu einem politischen Identitätswandel. Die Sozialisation der Deutschen ist bis heute eine Nachkriegssozialisation. Diese, an die Nachkriegssituation anknüpfenden Verhaltensmuster sind geradezu eingefleischt. Dies zeigte sich beispielsweise bei der Reaktion des deutschen Papstes Benedikt XVI., als er wegen eines Zitats, geäußert in seiner Regensburger Rede, von moslemischen Kreisen unangemessen attackiert wurde: er gab faktisch nach. Sein Vorgänger, ein Pole, hätte vermutlich nicht so reagiert. Obwohl Benedikt XVI. viele Päpste in vieler Hinsicht vielfach übertrifft, konnte er an dieser Stelle wohl doch seine Nachkriegssozialisation nicht abstreifen.

Auf vielen internationalen Posten sind Deutsche eher nett als überzeugend – Resultat der Nachkriegssozialisation?

Dieser Identitätswandel des Deutschen zeigt sich auch in der unbedingten politischen und gesellschaftlichen Westorientierung, die nicht hinterfragt wird, die ein Paradigma darstellt, sozusagen ein unerschütterliches Naturgesetz. Ist diese Haltung gewachsen auf dem Boden der bedingungslosen Kapitulation am 8. Mai 1945 oder auf der Grundlage einer 1000 – jährigen Geschichte?

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