Aufnahme der Türkei in die EU und Austritt Deutschlands?
Türkei drängt in die EU Die Türkei drängt mit Macht in die EU. Die türkische Regierung unter Erdogan will den Beitritt, je früher, desto besser. Zahlreiche westliche Politiker, darunter auch deutsche, unterstützen diesen Wunsch. Obwohl der türkische Ministerpräsident Erdogan im Grunde genommen den islamischen Fundamentalismus vertritt, will man ihm die Türe in die EU öffnen, auch wenn die damit verbundenen Probleme nicht zu übersehen sind. Der frühere Bundeskanzler Schröder hatte sich dafür stark gemacht, mit der Türkei Beitrittsverhandlungen zu beginnen.
Privilegierte Partnerschaft Frau Merkel scheint die Problematik besser zu verstehen und sie ging als Oppositionsführerin hinsichtlich einer Aufnahme der Türkei eher auf Distanz und sprach sich für eine privilegierte Partnerschaft, aber kein Vollmitgliedschaft, aus.
Pacta sunt servanda Als Bundeskanzlerin scheint sie diese Position abschwächen zu müssen vor dem Hintergrund der Versprechungen, die den Türken seit Jahrzehnten, auch von deutschen Politikern, gemacht wurden. Nach dem Motto: pacta sunt servanda - Verträge müssen eingehalten werden, scheint sie der Auffassung zu sein, aus einer durch langjährige Versprechungen zustande gekommenen Verpflichtung nicht mehr herauszukommen. Der frühere Außenminister Kinkel bestätigte 2008, dass alle deutschen Regierungen der Türkei das Versprechen gegeben hätten, das Land in die EU aufzunehmen. Dabei, so ließ man die Vertreter der Türkei wissen, sei das Wann noch offen, aber nicht das Ob.
Hinauszögern? Pacta sunt servanda ist ein Grundsatz, der außer Frage steht. Ob es Möglichkeiten gibt, sich von dieser Verpflichtung auf legitimem Weg zu lösen oder sich freizukaufen, ist zwar nicht völlig auszuschließen, aber doch sehr fraglich. Wie lange noch kann man die Türkei auf der langen Bank halten? Zwar erfüllt die Türkei die Aufnahmebedingungen keineswegs, aber dass sie deshalb nicht doch eines Tages aufgenommen wird, ist im Rahmen des politischen Gebarens nicht ausgeschlossen. Mit der Türkei werden schon jetzt Beitrittsverhandlungen geführt, obwohl Zypern nicht anerkannt wird und obwohl der Völkermord an den Armeniern geleugnet wird. Wie wird sich die EU langfristig positionieren? Kann davon ausgegangen werden, dass der Türkei noch sehr lange der Beitritt zur EU verwehrt wird? Wäre die Türkei ein christlich geprägter Staat, so wäre die Aufnahme kein wesentlich größeres Problem als es die Aufnahme zahlreicher ehemaliger Ostblockstaaten war. Die Türkei ist aber kein christlich geprägter Staat, obwohl dieses Gebiet ursprünglich zum Kernland des Christentums gehört hatte. In ein islamisches Land nachhaltig westliche Werte implantieren zu wollen, scheint nahezu unmöglich. Alle Erfahrung spricht dagegen. Ohnehin entwickelt sich die Türkei eher hin zum islamischen Fundamentalismus, als zu einer liberalen Gesellschaft.
Probleme durch den Beitritt Jedem müsste klar sein, welche Probleme eine Aufnahme der Türkei in die EU bringen würde. Es müssten große finanzielle Zuwendungen an den türkischen Staat gemacht werden, wobei dies noch nicht das größte Problem wäre. Sobald die Türkei EU-Mitglied ist, können Massen von Moslems in die EU strömen, darunter auch nach Deutschland und dann hier leben, arbeiten, Firmen gründen und wählen. Letzteres ermöglicht ihnen die Mitgestaltung des gesellschaftlichen und politischen Prozesses in Deutschland. Dabei hat man bei den Moslems das Ziel, aus Deutschland einen islamischen Staat zu machen. Das wäre das Ende des Grundgesetzes.
Illusion der Integration Diese Gefahr wird jedoch geflissentlich ignoriert, man gibt sich in deutschen Politikerkreisen der Illusion hin, die Türkei einbinden zu können, indem man sie in die offiziellen und inoffiziellen Strukturen der westlichen Politik integriert. Insbesondere hofft man auf die Einbindung der türkischen Armee und der staatstragenden Parteien. Damit, so die trügerische Hoffnung, meint man, einer Islamisierung vorbeugen zu können.
Zwiespältige strategische Bedeutung Häufig wird angeführt, die strategische Position der Türkei sei für die NATO von äußerster Bedeutung. Dem kann durchaus widersprochen werden. Zum einen hat sich die weltpolitische Lage seit 1989 verändert. Es gibt keine Sowjetunion mehr und es besteht nicht mehr die Situation des Kalten Krieges mit dem Ost-West-Gegensatz. Somit liegt eine völlig veränderte Konstellation vor, die eine Neubewertung verlangt. Zum anderen tut sich die Türkei in Konfliktsituationen zwischen der westlichen und moslemischen Welt sehr schwer. Als die USA 2003 den zweiten Krieg gegen den Irak führten, gaben sie sich der vermeintlichen Hoffnung hin, von der Türkei aus gegen Saddam Hussein aktiv werden zu können. Sie hatten schon einen Großteil ihrer Truppen dort stationiert, konnten diese Truppen jedoch auf Grund der Weigerung der Türkei nicht einsetzen. Auch ein Milliardengeschenk konnte das türkische Parlament nicht umstimmen. Der erhoffte strategische Nutzen schlug ins Gegenteil um und wurde zu einem eklatanten Nachteil: als der Krieg losging, standen die amerikanischen Truppen, zur Passivität verurteilt, in der Türkei. Auch im weiteren Verlauf des Irak-Konflikts erweist sich die Türkei als ungünstiger Bündnispartner. Die USA müssen in ihrer Politik gegenüber den Kurden ständig Rücksicht nehmen auf die Türkei, was zu Spannungen mit ihren Hauptsympathisanten im Irak führt. Zudem sorgt die Türkei durch gelegentliche militärische Aktionen im Norden des Irak für zusätzliche Spannungen. Wo soll hier nur, wie viele Politiker Glauben machen wollen, der strategische Nutzen der Türkei sein?
Kurdische Minderheit Die Türkei hat ein großes innenpolitische Problem in Form der kurdischen Minderheit. Dieses Problem wäre im Zuge eines EU-Beitritts nicht mehr nur ein türkisches Problem.
Viele offene Fragen Es gibt hinsichtlich eines eventuellen EU-Beitritts der Türkei sehr viele offene Fragen und Probleme, für welche nach dem derzeitigen Stand - bei einer vernünftigen Beurteilung - keine politische Lösung in Sicht ist. Ohnehin stellt sich die Frage, ob denn für die Türkei eine Mitgliedschaft tatsächlich so vorteilhaft wäre. Das darf durchaus bezweifelt werden.
Austritt Deutschlands aus der EU? Da - wie Bundeskanzlerin Merkel richtigerweise sagt - pacta servanda sunt, muss man sich allmählich mit dem Gedanken vertraut machen, die EU zu verlassen. Es scheint derzeit keinen anderen politischen Weg zu geben, aus dem Dilemma heraus zu kommen. Im Zuge eines Eintritts der Türkei in die EU, müsste somit Deutschland aus der EU austreten und versuchen einen Modus zu finden, die Beziehungen zur EU neu zu gestalten. Ob dies dann eine privilegierte Partnerschaft nach dem von Frau Merkel für die Türkei vorgesehenen Muster sein würde oder eine ganz andere Lösung erfahren würde, müsste man dann eben aushandeln. Wie das Beispiel Norwegens zeigt, könnten gutnachbarschaftliche Beziehungen möglich sein.
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