Mindestlohn
Seit Ende 2007 wird in der politischen Landschaft in Deutschland die Frage eines Mindestlohnes diskutiert. Diese Thematik wurde von Struck und dann insbesondere von Müntefering auf die politische Agenda gesetzt.
Verdienen des Lebensunterhalts Das Argument lautet: Wenn jemand als Arbeitnehmer den ganzen Tag arbeitet, dann soll er auch mit seiner Hände Arbeit soviel verdienen können, dass es zu seinem Lebensunterhalt reicht.
Ein Arbeiter ist seines Lohnes wert Einer solchen Argumentation ist zunächst zuzustimmen, denn ein Arbeiter ist seines Lohnes wert und es ist unanständig, jemand auszubeuten. Dies sollte Konsens sein auch ohne Vorgabe eines Mindestlohnes und sofern dies nicht allgemein akzeptiert wird, stellt sich die Frage, ob der Staat in Form eines Mindestlohnes nachhelfen muss. Im schlichten Modellfall durchaus.
Unfähige Unternehmer Doch die Zusammenhänge sind wesentlicher komplizierter. Damit ein ordentlicher Lohn gezahlt werden kann, muss eine entsprechende Wertschöpfung erfolgt sein. Dies hängt vielfach nicht vom Arbeitnehmer ab, sondern vom Arbeitgeber. Ist ein Arbeitgeber nicht in der Lage, solche Produkte und Dienstleistungen anzubieten, die der Markt ordentlich honoriert, so besteht eben nicht die Möglichkeit, einen ordentlichen Lohn zu bezahlen, auch keinen Mindestlohn. Um ordentliche Löhne bezahlen zu können, bedarf es auch eines fähigen Unternehmertums. Fehlt dieses, so fehlt auch das Geld und damit die Möglichkeit einer ordentlichen Entlohnung. Dadurch, dass sich ein Arbeitnehmer mit sinnlosen Aufträgen seines Arbeitgebers abmüht, kann kein Mindestlohn gezahlt werden. Die Anstrengung bei der Tätigkeit ist eben kein Gradmesser hinsichtlich der Wertschöpfung.
Somit bedarf es eines fähigen Unternehmers, um einen ordentlichen Lohn zu bezahlen. In der Politik sollte man die Rechnung auch hier nicht ohne den Wirt machen.
Grenznahe Gebiete Der andere Gesichtspunkt ist der, dass es strukturschwache Gebiete gibt oder Landstriche, die an Billiglohnländer unmittelbar angrenzen. Dort sind die Unternehmer bei durchlässigen Grenzen geradezu gezwungen, sich auf die Konkurrenz jenseits der Grenze einzustellen. Wenn in Polen der Haarschnitt 3 Euro kostet, dann kann ein Frisör in Schwedt keine 20 verlangen. Da er keine 20 verlangen kann, kann er auch seine Friseuse nicht mit einem hohen Gehalt entlohnen. Für die Friseuse und die gesamte Wirtschaft ist es aber durchaus besser, sie erhält 6 Euro die Stunde und der Staat zahlt den Rest für ihren Lebensunterhalt hinzu, als dass sie 7,50 Euro erhalten soll, entlassen wird, arbeitslos ist und ganz vom Staat unterhalten werden muss. Genau dieser Fall kann jedoch durch einen pauschalen Mindestlohn eintreten. Da hilft es auch nicht, wenn man darauf verweist, dass man in anderen Ländern gute Erfahrungen mit Mindestlöhnen gemacht hat, dort liegen andere Voraussetzungen vor.
Entlastung der Staatskasse? Im Grunde genommen geht es ja nicht um eine Erhöhung des Lebensstandards des Arbeitnehmers, sondern um die Entlastung der Staatskasse. Man kann es schon eigentümlich finden, dass ausgerechnet die SPD sich dafür einsetzt. Auch die Argumentation, dass es für Arbeitnehmer unzumutbar sei, staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen ist geradezu grotesk. Wenn staatliche Ausgaben sinnvoll sind, dann besonders im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe, einer Unterstützung von Bürgern, die sich bemühen, auch ihren Beitrag zu leisten zum eigenen Lebensunterhalt. In einem solchen Fall ist die Inanspruchnahme staatlicher Zahlungen durchaus nichts Anrüchiges. Viele Menschen nehmen im weitesten Sinne staatliche Leistungen in Anspruch, schlussendlich auch Bundestagsabgeordnete, die nunmal vom Staat bezahlt werden. Was sollte daran anrüchig sein.
Unterstützungsbedürftige Personen Es gibt noch weitere Fälle, in welchen ein Mindestlohn kontraproduktiv sein könnte: Wenn einzelne Arbeitnehmer generell oder zeitweise nicht in der Lage sind eine volle Leistung zu erbringen, sei es auf Grund von Erkrankungen oder ähnlicher Problematiken. Diesen Personenkreis dann durch Mindestlöhne aus dem Arbeitsprozess zu katapultieren, ist geradezu tragisch. Auch hier darf es keine Abwälzung auf den Unternehmer geben, sondern in solchen Fällen ist der Staat gefordert. Das wäre ureigene Aufgabe des Staates, in diesem Falle einzutreten.
Kontraproduktiv In all diesen geschilderten Fällen ist ein pauschaler Mindestlohn kontraproduktiv. In einzelnen Branchen kann dagegen ein Mindestlohn durchaus sinnvoll sein, dies muss dann abgewogen werden. Aber der von der SPD favorisierte allgemeine Mindestlohn ist problematisch.
Wahltaktik? Eine andere Frage stellt sich: Wird aus wahltaktischen Gründen von Parteien bzw. von einzelnen Personen innerhalb einer Partei ein Thema aufgegriffen und nicht aus sachlichen. Sucht man sich ein Thema, das vielleicht in den Medien und damit bei der Mehrheit der Bevölkerung gut ankommen könnte, um so parteipolitisch zu punkten. Dann ist ein solches Verhalten kein konstruktiver Beitrag zum Gemeinwohl.
Oberflächliche Diskussion Es fällt auf, dass nach Monaten der Diskussion die verschiedenen Gesichtspunkte nicht zur Sprache kamen, wohl auch nicht erwogen wurden. Man zeigte sich schlicht überrascht, als nach der Festsetzung von Mindestlöhnen bei der Briefzustellung, Arbeitsplätze bei privaten, kleineren Postzustellern (aus welchen Gründen auch immer) gefährdet waren und Arbeitnehmer ihren Job zu verlieren schienen. Auch hier wäre es wünschenswert, wenn in der Politik weniger Theater gespielt würde, sondern die Dinge konkret durchdacht würden.
Kein parteipolitisches Taktieren Auch in der Diskussion um den Mindestlohn sollten alle Beteiligten sich die Frage stellen, was ist wirtschaftlich sinnvoll, was nützt dem Arbeitnehmer und dem Unternehmer. Parteipolitisches Taktieren sollte grundsätzlich zurückstehen.
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