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SPD-Vorstand

Kurt Beck wirft das Handtuch

 

Am Sonntag, 7.9.2008 war es soweit, Kurt Beck gab auf, er legte das Amt des SPD-Vorsitzenden nieder. Unmittelbar zuvor war er noch durch die Lande gereist, um gute Stimmung für die SPD zu machen und Stimmen für die Wahl zu gewinSPD_602_1_[1]nen. Nun war alles aus. Am Tagungsort am Schwielowersee verließ er das Hotel durch die Hintertür.
Das Maß muss wohl übervoll gewesen sein. Die SPD verschleißt ihre Vorsitzenden, mit Beck den fünften in fünf Jahren. Die Partei mit ihrer langen Tradition befindet sich wohl schon fast in einer Existenzkrise. Die Linkspartei jagt ihr die Stimmen ab und die Mitglieder laufen davon. In der Wählergunst liegt sie weit hinter der CDU. Verantwortlich dafür ist nicht der Vorsitzende, doch kann solches an den Nerven zehren.
Die SPD ist stark geworden durch das Godesberger Programm, in welchem sie sich von linken Utopien verabschiedet hatte. Sie konnte zur stärksten Partei werden und die Politik in Deutschland maßgeblich beeinflussen, allerdings nicht immer zum Besten, Vieles war teure Utopie, Manches war linkslastig, Einiges unqualifiziert.
Die SPD hatte seit Ende der 70er Jahre an mehreren Fronten zu kämpfen. Ihre traditionelle Klientel aus der Arbeiterschaft konnte sich etablieren, stieß gesellschaftlich in den Mittelstand vor und in diesem Status war die SPD nicht mehr die selbstverständlich zu wählende Partei. Die Intellektuellen fanden ihre politische Heimat vielfach bei den Grünen und neuerdings finden die Linken ihre Heimat bei der Linkspartei. Die Basis der SPD schrumpft.
Der erste gravierende, parteitaktische Fehler bestand in der Annäherung an die GrünSPD_2_1_[1]en. Hätte die SPD die Grünen ignoriert, hätte sie nicht in dem großen Ausmaß Stimmenanteile an diese Partei verloren. Doch die Mitglieder der SPD hatten viel Sympathie mit dem grünen Konkurrenten, der im Prinzip parteipolitisch ein gefährlicherer Gegner war als die CDU und die SPD machte ihn durch Zusammenarbeit politisch statusfähig. In der gleichen Gefahr steht die SPD heute gegenüber der Linkspartei. Gelingt es der SPD nicht, sich eindeutig abzugrenzen und kapiert die Linke, dass sie aus wahltaktischen Gründen in die Mitte gehen müßte, könnte die SPD zu einer Kleinpartei schrumpfen, die sich etwas oberhalb von 10 % Stimmenanteil bewegt.
Was die SPD braucht, das sind Personen, die überzeugend wirken. Dies tat Kurt Beck nur bedingt. Beck sagte kaum nein, er sagte eher, wir werden mal sehen. Als er präsent im politischen Tagesgeschäft sein sollte, war er in der Versenkung, als er abtrat, verließ er das Schlachtfeld durch die Hintertür. Politisch konnte er nur wenige Konturen aufzeichnen. Er trat für einen Beitritt der Türkei zur EU ein, eine katastrophale Position. AnGrune_1_1_[1]sonsten war die Außenpolitik in den Händen Steinmeiers und die übrigen Themen in den Händen der anderen Ressortchefs. Beck war zwar ein wesentlich sozialdemokratischer es Urgestein als Steinmeier und auch als Müntefering, aber er konnte sich nicht entsprechend in Szene setzen, wobei die Presse und verschiedene andere Kreise ihm das politische Leben nicht gerade leicht ga_Die_Linke_1_1_[1]emacht hatten. Kurt Beck hatte sich als Mann der Mitte für seine Partei abgerackert, viel Dank erhielt er nicht. Seinen wohl größten Fehler machte er in der Hessenfrage, wobei er eher widerwillig Zustimmung zu einer Koalition mit der Linken angedeutet hatte.
Die SPD trat als Regierungspartei nicht nur für sozialen Fortschritt ein, sondern auch für die weitgehende Freigabe der Abtreibung, für Homosexualität, für die Legalisierung der Prostitution. Das alles hat ihr nicht genutzt, sondern geschadet.
Versinkt die SPD in der politischen Zweitklassigkeit, so besteht der Schaden vorrangig darin, dass die Linken und die Grünen ihre Position einnehmen würden.a_Brandt_Kanzleramt_1_1_[1]
Die politische Wetterlage allerdings kann sich schnell ändern, das hat die Wahl 2005 gezeigt, als Schröder in einer fulminanten Aufholjagd fast noch das Ruder herumgerissen hätte, jedoch nur fast.
Die weitere Entwicklung der SPD ist schwerlich einzuschätzen. Sollte die Linkspartei die SPD ersetzen, wäre das, beurteilt nach dem derzeitigen Programm der Linkspartei, ein großer Schaden für die politische Landschaft in Deutschland.

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