Evangelische Kirche
Die Evangelische Kirche entstand aus der Reformation. Es war das zweite sogenannte Schisma. Vorausgegangen war die Trennung der orthodoxen Kirche von der alten (katholischen) Kirche. Mit Luther erfolgte das zweite Schisma, die Trennung der neu entstandenen evangelischen Kirche von der alten päpstlichen Kirche. Die katholische Kirche war als institutionalisierte Kirche in weiten Teilen erstarrt in ihren Dogmen, offensichtlich empfand ein nicht unerheblicher Teil des Volkes diese Kirche nicht mehr als ihre Kirche. Für Luther selbst war eine Pilgerfahrt nach Rom das große Ernüchterungserlebnis in Bezug auf seine Kirche. Die Verweltlichung und der sittliche Verfall erschütterten sein Weltbild. Ein Umdenkprozess setzte ein, der schließlich darin mündete, dass er Thesen an die Kirchentür in Wittenberg schlug. Vorausgegangen war ein innerer Kampf mit der Frage, wie finde ich den gnädigen Gott, der mit dem Durchbruch “soli deo gratia” endete, d. h. durch Gnade.
Mit großer Dynamik breitete sich die Reformation aus, obwohl sie brutal bekämpft wurde. Der Siegeszug der Reformation war praktisch nicht zu stoppen und breitete sich rasch über den gesamten deutschsprachigen Raum aus, bis nach Villach im Süden. Auch die skandinavischen Länder und andere Länder wurden von der Reformation erfaßt.
Erst die Ablehnung der Juden raubte der Reformation den Schwung. Luther begann die Juden nach anfänglicher Sympathie abzulehnen und verstiegt sich in ungeheuerliche Aussagen. Auch seine Haltung gegenüber den Bauern war katastrophal, was die neue Kirche besonders stark vom Bauernstand entfremdete. Unverständlich bleibt auch Luthers Haltung in Bezug auf den Hexenwahn der damaligen Zeit, wo er der Hysterie nicht entgegentrat und Hexenverbrennungen bejahte. Auch im Protestantismus gab es diese brutalen Hexenverbrennungen. Ein gravierender Fehler war die undifferenzierte Ablehnung der Täufer und anderer ähnlicher Bewegungen, wie z.B. der von Thomas Müntzer. Der Einfluss Melanchtons, der vor allem nach Luther zunahm, war für die neue Kirche nicht zuträglich.
Damit verflachte die anfänglich so überzeugende und durchschlagende Bewegung. Gleichwohl ist die Reformation einer der Höhepunkte der deutschen Geschichte und Luther als deren Initiator verdient höchste Anerkennung. Vorbildhaft ist vor allem der junge Luther, der die Thesen anschlug, die Bannbulle verbrannte, in Worms vor dem Kaiser stand und nicht widerrief. Der spätere Luther läßt von diesem anfänglichen Elan Vieles vermissen.
Interessant ist sicherlich die hypothetische Frage, wie Luther heute auf die Evangelische Kirche reagieren würde. Würde er sich dort zu Hause fühlen. Würde er sie reformieren wollen? Würde die heutige Evangelische Kirche Luther aufnehmen? Luther wollte keine Kirche gründen, er wollte jedoch Änderung, er wollte Reformen in der bestehenden alten Kirche und schließlich, da Letzteres nicht möglich war, die Reformation, er wollte zurück zur Bibel, er wollte zurück zu Gott. Obwohl schon allein die Existenz während mehr als 500 Jahren eine Leistung an sich darstellt, auf welche die Evangelische Kirche stolz sein kann, so könnte sich doch gerade für die Kirche der Reformation die Frage nach Reform oder interner Reformation stellen. Die gleiche Frage stellt sich jedoch im Prinzip für das ganze protestantische kirchliche Spektrum.
Braucht man wieder eine Reformation?
Wenn man bedenkt wie weit sich die Mehrheit des Volkes von Gott entfernt hat, wie wenig die persönliche Beziehung zu Gott gelebt wird von den Menschen in Deutschland, dann kann man zur Schlussfolgerung kommen, dass man in Deutschland wieder Reformen oder eine Reformation braucht. Die ganze Gesellschaft bräuchte eine Reformation.
Top
|