England
England, d.h. Grossbritannien war lange Zeit die führende Weltmacht. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfolgte ein abrupter Niedergang. Den Zweiten Weltkrieg konnte England als einer der großen Sieger beenden, trotzdem erfolgte anschließend ein rascher Niedergang des britischen Weltreiches, man spricht vom british decline. Markanterweise stand dieser Niedergang im Zusammenhang mit der verfehlten Palästina-Mandatspolitik. England tat sich ausgesprochen schwer mit einem angemessenen Plan für dieses Gebiet. Als England nach dem Ersten Weltkrieg das Mandat über dieses zuvor von der Türkei beherrschte Gebiet Palästina übertragen bekam, spitzte sich im Laufe der Jahre ein Konflikt zwischen Juden und Arabern zu. Insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg eskalierte der Konflikt. England fand in seiner strategischen Position keine klare Linie und lavierte zwischen den Parteien, wobei viel Vertrauen verspielt wurde. Ausgehend von der Belfourd-Erklärung konnten die Juden erwarten, einen eigenen Staat zu bekommen. Nach dem Holocaust war es überfällig, dass die geschundenen Juden, die der Vernichtung entgangen waren, ihr verheißenes Land erhielten. England wehrte sich dagegen und verspielte seine Chance. Jüdische Einwanderer, die das KZ überlebt hatten, wurden wieder nach Europa zurückgeschickt. England verlor sein Ansehen und seine Legitimation. Auch konnte sich die englische Politik nicht dazu durchringen, der Bildung des neuen Staates Israel in der UNO-Abstimmung beizupflichten. Mit dieser Politik schädigte sich England. Es erfolgte der Niedergang des Imperiums. Eine Kolonie um die andere ging verloren, wobei der dann gebildete Commonwealth auch nicht annähernd einen Ersatz für das Weltreich darstellt.
Die gravierenden Fehler in der englischen Politik gehen jedoch auf den Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. England unterwarf seine Politik der Strategie des Gleichgewichts der Mächte auf dem Kontinent. Für diese Idee zog England in den Ersten Weltkrieg und liess seine Soldaten auf den Schlachtfeldern Frankreichs verbluten, ohne einen veritablen Vorteil daraus zu ziehen. Die Weltmachtstellung ging ohnehin verloren, nicht an Deutschland, wie befürchtet, sondern an Amerika. Selbst wenn Deutschland den Krieg gewonnen hätte, wäre langfristig Amerika die hegemoniale Macht gewesen und nicht Deutschland. Es kann die Frage gestellt werden, ob England nicht dadurch ein Gewinner des Ersten Weltkrieges geworden wäre, wenn es sich herausgehalten hätte. Die anderen hätten die Verluste gehabt und England hätte seine eigenen Ziele verfolgen können und nicht die Frankreichs. Der Gewinn einiger deutscher Kolonien, ergänzt durch Gebiete aus der Konkursmasse des osmanischen Reiches konnten die Verluste nicht aufwiegen. Diese Besitzungen waren, wie sich im Nachhinein zeigte, von äusserst kurzer Dauer. Die Selbstzerfleischung der europäischen Grossmächte war grundsätzlich dazu angetan, die Kolonien zu verlieren. Diese Tendenz zeichnete sich schon im Ersten Weltkrieg ab. Ohne Weltkrieg bzw. ohne englische Beteiligung daran wäre diese Entwicklung anders oder wenigstens langsamer verlaufen. Da Grossbritannien das grösste Kolonialreich besass, war der Verlust entsprechend gross. Die Fixierung auf ein tradiertes Ziel, war falsch, die erforderliche Flexibilität in der britischen Politik fehlte damals. Im Zweiten Weltkrieg liegen die Dinge anders, denn da ging es um die Niederringung eines tyrannischen Systems. Hier muss man England Respekt zollen.
Nach der Pleite der Palästina-Politik ging der Niedergang der britischen Stellung weiter und setzte sich bis in die 80er-Jahre des 20. Jahrhunderts fort, sowohl innenpolitisch, als auch außenpolitisch. Erst Margret Thatcher konnte Grossbritannien wieder mehr Format geben. Zunächst durch eine andere, Wirtschaftspolitik, aber auch durch klare außenpolitische Konturen. Mit Margret Thatcher fand der british decline - der Niedergang Englands - ein Ende.
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