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Gewerkschaften

Schlecker insolvent

Mitverantwortung von Verdi?

verdi 3 schlecker

Die Gewerkschaft Verdi hatte Schlecker schon seit Jahren im Visier ihrer Kampagnen. Schlecker sollte sich nach Ansicht der Gewerkschafter ändern und Schlecker hat sich geändert - beispielsweise wurde ein Tarifvertrag im Einvernehmen mit der Gewerkschaft verabschiedet - doch nun ist Schlecker pleite und hat sich vom Markt verabschiedet, vorerst wenigstens. So mancher Schlecker-Angestellte wird sich fragen, was das gewerkschaftliche Engagement letztlich gebracht hat. Was wurde gewonnen durch die Gewerkschaft? Es mag schon sein, dass die Löhne erhöht wurden, die betriebliche Mitbestimmung eingeführt - oder ausgeweitet wurde - doch was bringt das alles den Mitarbeitern, die nun arbeitslos sind?
Was hat die Gewerkschaft erreicht für die Arbeitnehmer? Wenn man von der Annahme ausgeht, dass ohne die Gewerkschaftskampagne die Firma Schlecker weiterhin existieren würde, waren die Aktivitäten der Gewerkschaft kontraproduktiv. Wer zieht die Gewerkschaft zur Verantwortung?
Ganz allgemein könnte man den Eindruck gewinnen, dass Gewerkschaften bei allen Unternehmen wissen, was diese zu tun haben, doch selbst stellen die Gewerkschaften ihre unternehmerische Kompetenz keineswegs unter Beweis, sondern vermeiden es, am Markt unternehmerisch tätig zu werden. Was soll man von solchen Organisationen halten? Es wäre doch interessant, wenn die Gewerkschaften selbst Unternehmen gründen würden und dann im Wettbewerb am Markt alle idealen Vorstellungen verwirklichen würden. Doch das tun sie nicht, vielleicht aus gutem Grund - vermutlich würden solche gewerkschaftlichen Unternehmen bald pleite sein.


 

Gewerkschaften

 

Den Gewerkschaften weht der Wind ins Gesicht. Ihr politisches Gewicht wird weniger und der Rückhalt in der Bevölkerung schwindet zusehends. Der Rückgang der Mitgliederzahlena_IGM_Gewerkschaft_1_[1] gibt davon deutlich Zeugnis. Die politische Linie der Gewerkschaften stößt auf Unverständnis, selbst in den eigenen Reihen.

Verpaßt die Gewerkschaftsbewegung den Zug der Zeit?  Hat sie keine Lösungen für die aktuellen Fragen der Wirtschaftspolitik? Bleibt sie auf den Positionen von gestern?

In einer Wirtschaft, die von der Globalisierung eingeholt wurde, passen alte, teilweise ideologisch begründete Positionen immer weniger. Diese Erkenntnis will man wohl in der Gewerkschaftsbewegung nicht wahr haben.

Vom Ursprung her ist die Gewerkschaftsbewegung klassenkämpferisch und sozialistisch. Arroganz und Überheblichkeit, überzogenes Gewinnstreben und mangelnde Fürsorge auf Unternehmerseite haben die Gewerkschaftsbewegung begünstigt. Trotz zeitweiliger staatlicher Restriktionen wurden die Gewerkschaften in ihren Anfangsjahren immer stärker. Erst in der späten Nachkriegszeit, in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es die erste Zäsur: die Gewerkschaftsbewegung mußte und konnte auch ihren ideologischen und noch zum Teil vorhandenen klassenkämpferischen Anstrich abstreifen, blieb jedoch offen für derartige Einflüsse. Doch die Klientel hatte sich gewandelt: Der Arbeiter fuhr inzwischen selber Mercedes, besaß ein eigenes Haus und leistete sich eine Weltreise, so dass die alten Parolen nicht mehr verfangen konnten. Die Gewerkschaften mußten sich auf die neue Situation einstellen, sie wurden zur Interessenvertretung der Arbeitnehmerschaft. Ende des 20. Jahrhunderts änderten sich wiederum die Rahmenbedingungen. Die wirtschaftliche Entwicklung wurde immer schnelllebiger, die Produktzyklen immer kürzer, die Automation immer rasanter und vor allem wurden die Märkte immer durchlässiger. Die wirtschaftliche Entwicklung macht an der Staatsgrenze nicht Halt. Das Tarifgebaren der Gewerkschaften macht jedoch gerade hier an der Staatsgrenze Halt. Und genau an dieser Stelle werden die Gewerkschaften ausgehebelt. Der Unternehmenssektor als Kontrahent in der Tarifauseinandersetzung entkommt der Gewerkschaft. Vielleicht entkommt er nicht kurzfristig, denn in einer akuten Tarifauseinandersetzung müssen Lohnerhöhungen schlussendlich vielfach akzeptiert werden, jedoch mittelfristig entkommt der Unternehmersektor, indem die Verlagerung der Produktion ins Ausland vorgenommen wird. Die Gewerkschaften halten an ihren anachronistischen Vorstellungen fest, obwohl der Markt sich schon längst gewandelt hat. Das wollen die Gewerkschaften nicht wahr haben. Und selbst wenn einzelne Gewerkschaftsfunktionäre diese Realitäten erkennen, so sträubt man sich in der Gesamtheit trotzdem dagegen, weil man keine Antworten hat, keine Antworten, wo denn für die Gewerkschaften noch ein sinnvoller Platz wäre. Daher wird versucht, an alten Positionen festzuhalten.
Man tut sich beispielsweise furchtbar schwer, den Flächentarif aufzugeben. Aber gerade pauschale Lohnerhöhungen passen nicht in die Landschaft: Für einige Unternehmen sind sie zu hoch und führen zum Ergebnis, dass diese abgewürgt werden, für andere sind sie problemlos möglich, dort wären sogar noch höhere Abschlüsse zu verkraften, die jedoch nicht realisiert werden. Dass der Hauptgrund für das Scheitern so manchen Unternehmens in der Unfähigkeit des Managements liegt, hilft hier nicht weiter.

Somit haben die Aktivitäten der Gewerkschaften die Tendenz, Arbeitsplätze zu zerstören, indem Unternehmen am Markt scheitern oder sich ins Ausland absetzen. In beiden Fällen gehen Arbeitsplätze in Deutschland verloren und dadurch gehen - nebenbei bemerkt - auch den Gewerkschaften ihre zahlenden Mitglieder verloren.

Die Internationalisierung der Gewerkschaften (auf operationaler Ebene) anzustreben, hat kurz und sogar mittelfristig wenig Aussicht auf Erfolg, da die Interessenlage der Arbeitnehmerschaft in Deutschland  gegenüber dem östlichen Ausland, z. B. Polen und Tschechien so weit auseinander liegt, dass keine einheitliche Gewerkschaft zur Interessenwahrnehmung möglich ist.

Die Gewerkschaften befinden sich in einem Da_Gewerk_1_[1]ilemma. Je höhere Tarifabschlüsse sie erzielen, umso stärker wird der Druck zur Verlagerung. Werden niedrige Tarifabschlüsse gemacht, so meinen die Funktionäre, sie würden ihrer Aufgabe nicht gerecht - ob allerdings die Arbeitnehmerschaft auch so denkt, sei dahingestellt. Manchmal gehen die Denkmuster von Funktionären und Arbeitnehmern weit auseinander.

Bisher konnte sich die Gewerkschaftsbewegung aus ihrer problematischen Situation nicht befreien. Teilweise sind ihre Aktionen äußerst befremdlich, für Freund und Feind. Wenn man beispielsweise im von Arbeitslosigkeit geplagten Ostdeutschland einen Streik vom Zaun bricht für die Einführung der 35 Stunden Woche, so hat dafür kaum jemand Verständnis. Dass die Standortfrage auch etwas mit Wettbewerbsfähigkeit und diese mit dem Lohnniveau zu tun hat, sollte eigentlich jeder verstanden haben. Den Lohnfaktor in einer Zeit hoher Arbeitslosigkeit noch mehr verteuern zu wollen, ist widersinnig. Und doch wird bei der Gewerkschaft IG-Metall der für diese Fehlleistung Verantwortliche kurze Zeit später zum Vorsitzenden befördert.

Die Aktivitäten der Gewerkschaften führen zum Teil genau zum Gegenteil dessen, was die Arbeitnehmerschaft erwartet. Sie führen zum Verlust von Arbeitsplätzen, sie führen zu Hürden bei der Einstellung und zur Automatisierung und Verlagerung von Produktionsstätten. Damit wird dem Arbeitnehmer nachhaltig Schaden zugefügt, d.h. durch die extremen Aktivitäten der Gewerkschaften wird dem Arbeitnehmer - wider Willen - nachhaltiger Schaden zugefügt. Hier müßte sich etwas ändern.

Was müßte die Gewerkschaftsbewegung tun? Was wäre, wenn sie - wider Erwarten und wider eigenem Wollen - von der gesellschaftspolitischen Bühne abtreten würde und man überließe die Festsetzung der Lohnhöhe dem Spiel der freien Kräfte. Bei allen Gefahren, die damit verbunden sind, wäre dies wohl schlicht besser.

Der Betrieb, der nur niedrige Löhne zahlen kann, müßte nur niedrige Löhne zahlen, könnte aber existieren. Der Druck zur Verlagerung der Produktionsstätten ins Ausland wäre nicht vorhanden. Ohne Kündigungsschutz wäre das geringste unternehmerische Risiko - im graßen Gegensatz zur heutigen Situation - eben die Einstellung eines Mitarbeiters. Was wäre die Folge: einfach ausgedrückt, statt eine Maschine zu kaufen, würde ein Mann eingestellt. Dass dieses Modell der freien Kräfte auch Fehlentwicklungen produzieren könnte, steht außer Frage.
Die Frage ist jedoch, welches System produziert die größere Fehlentwicklung? Hier lautet die Antwort: mit hoher Wahrscheinlichkeit das gewerkschaftliche. Ein System, das dem Arbeitsmarkt die freie Gestaltung gibt, ist besser als das System der Reglementierung. Vielleicht wäre der Unterschied der gleiche wie zwischen einer freien und einer zentralverwalteten Wirtschaft.

Warum will man einem Arbeitnehmer nicht zutrauen, für sich selbst handeln zu können und hinsichtlich der Einschätzung des Wertes seiner Arbeitskraft und seiner Möglichkeiten am Arbeitsmarkt der bessere Experte zu sein. Er kann doch am Markt seine Arbeitskraft anbieten ohne Organisation, die vorgibt, seine Interessen wahrzunehmen. Sicherlich müßte es eine Abfederung durch Gesetze und Sozialvorgaben geben, diese müßten jedoch so gering wie möglich sein. Warum sollte der Markt nicht auch den Arbeitsmarkt regulieren?

Notwendig ist ein radikales Umdenken auf Seiten der Gewerkschaften, da deren Aktivitäten nach dem alten Stil zusehends ins Gegenteil umschlagen, extrem ausgedrückt, sie schaden zum Teil ihrem eigenen Klientel.

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