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Deutsche und Juden

 

Juden und Deutsche haben ein besonderes Verhältnis zueinander. Der Holocaust, hebräisch Shoa, war für beide Völker so tiefgehend, so einschneidenMahnwacher_verkleinert_2_1_[1]d, so unfassbar, so furchtbar, so verheerend, dass er sich ins Bewußtsein beider Völker unauslöschbar eingemeisselt hat, dass beide Völker aufs Stärkste miteinander verbunden sind.

Das Verbrechen der Deutschen an den Juden ist von einer solchen Einmaligkeit und Ungeheuerlichkeit gekennzeichnet wie kaum ein Verbrechen in der Welt. Ein Genozid - das Auslöschen eines Volkes - nicht nur im eigenen Land, sondern auch in jedem anderen Land, wo man der Juden habhaft werden konnte. Mord wurde industriell organisiert, dabei war die Brutalität im Einzelfall kaum zu übertreffen - bestialisch und niederste menschliche Motive offenbarend, hat Deutschland unendlich viel Leid über das jüdische Volk gebracht.
Das jüdische Volk seinerseits und später der Staat Israel hatte keine Möglichkeit zur Vergeltung, es gab keine Rache. Das Verbrechen war rein einseitig. Es gab nur ein Opfer und einen Täter.
Deutschland hat auch anderen Nationen viel Böses angetan, z.B. Russen und Polen, diese haben jedoch zurückgeschlagen, teilweise mit ähnlicher Brutalität. Auch England und USA haben mit der Bombardierung deutscher Städte zurückgeschlagen. Israel hatte keine Gelegenheit zum Zurückschlagen, sondern hatte nur zu dulden und seinen Schmerz zu tragen, der Schmerz besteht bis heute.

Die Wiedergutmachungszahlungen  sind eine sehr wichtige Geste, aber sie können das Geschehene nicht ungeschehen machen, sie können das Unrecht nicht kompensieren, sie können die zerstörten jüdischen Gemeinden nicht wieder aufrichten und die ermordeten Männer, Frauen und Kinder nicht wieder zurückbringen. Sie können wohl ein Zeichen setzen, ein Signal geben. Adenauer hat 1952, als Deutschland noch in Trümmern lag, mit Ben Gurion ein Abkommen geschlossen über Entschädigungszahlungen. Dies geschah zu einer Zeit, als Deutschland noch am Boden lag. Gerade diese Tatsache macht die Handlungsweise Adenauers besonders wertvoll. Für Israel waren die Zahlungen und Lieferungen von existenzieller Bedeutung zum Aufbau des Landes. Für Deutschland waren sie die Grundlage für das Wirtschaftswunder. Das Besondere an diesem Abkommen war, dass zwei Völker nicht auf eine neue Runde der Auseinandersetzung sannen, nicht einen neuen Krieg in Erwägung zogen, nicht versuchten, abzurechnen, sich zu schädigen
oder zu zerstören, sondern eine neue Seite in ihrem beiderseitigen Verhältnis aufschlugen. Beide richteten den Blick nach vorn.
Besonders für das israelische Volk war dies eine innerliche Zerreißprobe: mit dem grausamen Feind von einst in Verhandlungen zu treten und seine Entschädigungszahlungen anzunehmen und damit Kontakt aufzunehmen, Beziehungen einzugehen und Kommunikation zu pflegen - dies alles mit dem früheren Todfeind.
Eine geschichtliche Einmaligkeit, ein besonderer Verdienst des jüdischen Volkes.

Der Grundstein für etwas Neues war gelegt zwischen Israel und Deutschland. Fortan entwickelten sich die Beziehungen beider Völker kontinuierlich aufwärts, was Avi Primor, der israelische Botschafter, anläßlich des Jubiläumsempfangs zum 50. Jahrestag der Staatsgründung Israels in Berlin mit folgenden Worten würdigte: “Deutschland ist heute nach den Vereinigten Staaten unser größter Freund in der Welt”. Gleichwohl muß festgestellt werden, dass die große Sympathie die Israel in Deutschland während der sechziger Jahre hatte, verschwunden ist.

Es herrschte Konsens in der deutschen Politik, dass Deutschland eine besondere Beziehung zu Israel hat und damit auch eine besondere VerantwortunFIL2368_1_[1]g. Der frühere Bundespräsident Rau nahm diese sehr erst und bat in seiner Rede vor der Knesset um Vergebung für die deutschen Verbrechen. Im Zuge der Harmonisierung der nationalen Aussenpolitik in den Rahmen der EU, läuft Deutschland Gefahr, diese Position nicht mehr wahrnehmen zu können.

Die Geschichte zwischen Deutschen und Juden ist eine lange und alte. In all den Jahrhunderten gab es viel Blutvergießen. Juden wurden auf Grund ihres Gaubens, früher nicht wegen ihrer Rasse, niedergemetzelt, mußten Unrecht erleiden, Städte und Dörfer verlassen und waren vielfach Menschen zweiter Klasse.
Beginnt man mit der Zeit, als Karl der Große regierte, so ist festzustellen, dass Juden zu dieser Zeit volle Freiheit hatten. Diese Epoche dauerte ungefähr 250 Jahre bis zu den Kreuzzügen, als die Massacker begannen. In der Folge gab es Verfolgungen, besonders als die Pest ausbrach, ebenso als Lügen über Hostienschändungen verbreitet wurden. Immer wieder gab es Vertreibungen, zum Teil aus wirtschaftlichen Gründen.
Ein eindrückliches Zitat beschreibt die Situation:
“In Basel verbrannt, in Greifswald lebendig begraben, im Rheinland in Säcke genäht und ertränkt, in Straßburg durch die Straßen getrieben und erschlagen, die Frauen vergewaltigt, die Kinder aufgespießt, verfolgte und ermordete man die Juden.”
Es gab kaum Widerstand der Juden, vereinzelt jedoch Aussagen wie: “Vertilge ihr Land... vergelte meine Leiden dem gräßlichen Volke, zahle ihm heim...”

Auch die Reformation brachte den Juden keine Erleichterung. Luther war anfangs sehr judenfreundlich, da er hoffte, sie würden sich der neuen Lehre zuwenden und zum christlichen Glauben übertreten. Als das nicht der Fall war, verurteilte er sie 1543 in seiner Schrift “Von den Jüden und ihren Lügen” aufs Niederträchtigste.

Juden mußten sich über Jahrhunderte durch gelbes Tuch kenntlich machen. Von den Unterdrückungen, Verfolgungen und Massackern erholte sich das Judentum über die Jahrhunderte hindurch nicht: Verspottet, erniedrigt und verachtet, führten sie ein kümmerliches Dasein. Juden wurden dementsprechend folgendermaßen charakterisiert: “Er bekam das schlau-unterwürfige, unecht devote, fast spöttisch-heuchlerische Wesen...” (Keller, S. 281)

Erst in der Neuzeit konnten sich Juden emanzipieren und erhielten im 19. Jahrhundert die vollen und uneingeschränkten Bürgerrechte. Damit begann wieder der Aufstieg des Judentums, aber auch ein Trend zur Assimilation, Juden fühlten sich als Volksgenossen und solidarisierten sich voll mit der jeweiligen Nation in der sie lebten, sie waren ganz und gar Deutsche, einschließlich der Bereitschaft für dieses Vaterland in den Krieg zu ziehen. Gerade das deutsche Wesen übte auf Juden eine besondere Anziehungskraft aus, nirgends gab es so starke Assimilationstendenzen wie im deutschen Kulturraum.
Diese Epoche der vollen Gleichberechtigung für Juden nahm mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus im 20. Jahrhundert ein jähes Ende und mündete in der Katastrophe des Holocausts mit sechs Millionen ermorderten Juden.
Noch kein anderes Volk hatte den Juden so großen Schaden zugefügt wie das deutsche, mit dem sie sich so verbunden gefühlt hatten. Eine Tragödie sondergleichen.
 
Im Dezember 1945 schrieb Leo Baeck: “Unser Glaube war es, daß deutscher und jüdischer Geist sich auf deutschem Boden treffen und durch ihre Vermählung zum Segen werden könnten. Dies war eine Illusion - die Epoche der Juden in Deutschland ist ein für allemal vorbei.”
Er sollte nicht Recht behalten. Heute ist die am schnellsten wachsende jüdische Gemeinde die in Deutschland, im besonderen die Berliner Gemeinde. Juden haben seit der Nachkriegszeit eine vorzügliche  und anerkannte Stellung in der deutschen Gesellschaft, wie noch nie zuvor in all den Jahrhunderten. An dieser Tatsache ändern auch Einzelaktionen neuer oder alter Antisemiten nichts.
Die Vorstellung Baecks, dass eine Vermählung deutschen und jüdischen Geistes zum Segen werden könnte, war falsch. Es geht nicht um die Vermählung deutschen und jüdischen Geistes, sondern um die Übernahme des jüdischen Geistes durch das deutsche Volk. Das Herbräische Denken, gegründet auf der Bibel, ist das richtige Denken, davon leitet sich der rechte Maßstab ab - Vermählung im Sinne einer Vermischung darf nicht sein.
Juden leben wieder in Deutschland, wo sie willkommen sind. Doch steht die Frage im Raum: sollen sie dauerhaft hier bleiben? Im Jahr 1911 schrieb ein jüdischer Volkswirt: “Wie die Sonne geht Israel über Europa: Wo es hinkommt, sprießt neues Leben empor, wo es wegzieht, da modert es, was bisher geblüht hatte”. (Keller, S. 382)
Doch im Zuge der Zeit, im Zuge des Zionismus, im Zuge der Staatsgründung Israels, ist der Platz eines jeden Juden und der Platz einer jeden Jüdin in Israel - von Ausnahmen abgesehen. Der Auszug von Juden mag für Deutschland schmerzlich sein, für Israel und sein Volk ist jeder Jude ein Gewinn.
Dort in Israel ist der Jude zu Würde gekommen, dort hat er Format gewonnen, dort konnte er das jahrhundertealte Knechtische, Schlau-unterwürfige ablegen und zu seiner Identität finden, zu sich selbst finden, dort hat er sein Haupt erhoben, dort hat ihn Gott stark gemacht.
Ein zahlenmäßig kleines Volk von kaum sechs Millionen bietet der ganzen Welt die Stirn - welch ein Wandel.

Deutsche leiden unter dem Trauma des Holocaust und zweier Weltkriege und zwar sowohl die Zeitzeugen als auch die Generationen danach. Vor dem geschichtlichen Hintergrund tun sich Deutsche schwer, ihre Identität zu finden und anzunehmen und sie haben Probleme zu ihrer Nationalität zu stehen. Wirtschaftlicher Wohlstand und die D-Mark waren wesentliche Komponenten eines wenn überhaupt nur ansatzweise vorhandenen Nationalgefühls. Vor sich selbst Angst habend, sich selbst wenig zutrauend, eine ziemlich hilflose Figur abgebend, hat man fast seine eigene Nationalität verleugnet und man hat gerne andere über sich bestimmen lassen. Andererseits hat man nahezu alles unternommen,  um von seinen Nachbarn etwas Sympathie zu ergattern, vor allem hat man sich das im Rahmen der EU viel Geld kosten lassen. Das war jahrzehntelang parteiübergreifend deutsche Politik.

Ganz anders Israel. Israel hat Position bezogen und seine Stellung
eingenommen, Israel steht zu sich selbst und zu seiner Nationalität.

Gemäß der Verheißung Gottes ist Juda aufgestanden wie ein junger Löwe und hat seinen Platz und sein Land eingenommen.

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