Pol-AG  Politik und Gesellschaft - Fakten und Thesen

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Deutschland und UN

Brav und trotzdem Feindstaat
 

Deutschland erhielt am 12. Oktober 2010 einen auf zwei Jahre befristeten Sitz im Weltsicherheitsrat. Dies rechnet sich die deutsche Regierung unter Merkel als Erfolg an, obwohl dieser Ratssitz wenig bedeutet. Die Regierung Schröder war mit dem Ansinnen auf einen ständigen Sitz komplett gescheitert - gerade bei befreundeten und verbündeten Staaten. Bei den UN haben fünf Staaten alle Macht, die anderen 187 so gut wie keine. Das hindert die UN aber nicht, von der Gleichheit aller Nationen zu sprechen. (Die fünf Atommächte hindert auch nichts, seit Jahrzehnten von nuklearer Abrüstung zu sprechen und gleichzeitig ihre Arsenale zu modernisieren.)
Wird in der UN moderner Feudalismus gelebt: die einen haben das Sagen und die Anderen haben nichts zu sagen? Wie können sich 187 Nationen so etwas gefallen lassen?
Noch deutlicher stellt sich diese Frage jedoch in Bezug auf Japan und Deutschland. Diese Staaten gelten als sog. Feindstaaten.
Es grenzt schon an Komik, dass Deutschland und Japan mit ihren hohen Beitragszahlungen Feindstaaten sind. Feindstaaten können nach UN-Recht von ca. 60 anderen Staaten militärisch angegriffen werden, ohne dass das UN-Recht entgegensteht. Auch bei einer unliebsamen innenpolitischen Entwicklung können die Feindstaaten legal nach UN-Recht angegriffen werden.
1995 gab es von den UN den Beschluss, in Erwägung zu ziehen, die Feindstaaten-Klausel fallen zu lassen. Damit scheint bisher jede deutsche Regierung zufrieden zu sein, aber bis heute - 15 Jahre später und fast 70 Jahre nach Kriegsende - befindet man sich immer noch im Status der Erwägung. Wie kommt es, dass die deutsche Politik so durchsetzungsschwach ist? Würde man mit dem Einstellen der Beitragszahlungen oder gar mit einem Austritt drohen, so käme wohl schnell Bewegung in die Sache.
Was soll man von solch einer Organisation halten, die ein krasses Zweiklassen-System darstellt und obendrein einen Teil ihrer braven und beitragzahlenden Mitglieder als Feindstaaten tituliert und dabei von Gleichheit spricht?
Hier stellt sich die Frage, ob ein Austritt nicht das Beste wäre.


UN-Sicherheitsrat

Genscher gegen Deutschland
und für die EU?

genscher 1.2

Hans-Dietrich Genscher spricht sich gegen einen ständigen Sitz Deutschlands im Weltsicherheitsrat der Vereinten Nationen aus und tritt statt dessen für einen Sitz der EU ein. [Mitteldeutsche Zeitung am 24.9.2010]. Die deutsche Politik hatte schon einmal einen Sitz der EU gefordert und musste alsbald erkennen, dass Frankreich und England keinerlei Interesse an einer solchen Idee hatten. Vor allem wollten diese ihren eigenen Sitz nicht zugunsten der EU aufgeben. Es handelte sich damals um eine drastische Fehleinschätzung  durch die deutsche Diplomatie. Daher wurde jetzt von Genscher der Vorschlag gemacht, die Stellung Frankreichs und Englands im Falle eines EU-Sitzes nicht anzutasten. Ein solcher Vorschlag ist jedoch insofern problematisch, da damit England und Frankreich im Prinzip über einen doppelten Sitz verfügen würden, womit ein solcher Plan im Plenum wohl chancenlos sein dürfte.
Über die Sinnhaftigkeit eines deutschen ständigen Sitzes im UN- Sicherheitsrat  kann man geteilter Meinung sein - aber warum wird die EU ins Feld geführt, was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Interessant ist die Haltung, die bei Genscher zu Tage tritt: Er sorgt sich hier mehr um die EU als um Deutschland, obwohl er jahrelang deutscher Außenminister war (und auch teilweise gute Politik gemacht hatte). Aber sein Interesse gilt nun offensichtlich nicht dem eigenen Land, sondern der EU.
Gibt es international ähnlich gelagerte Fälle? Wahrscheinlich kaum. In Deutschland dagegen scheint diese Haltung weit verbreitet zu sein. Eine solche Haltung wird kurioserweise in der deutschen Gesellschaft vielfach akzeptiert, bei nicht wenigen gilt sie als modern und schick.
Ist eine solche Haltung unangemessen und politisch verfehlt? Stellt sich hier die Frage nach Seriosität und Charakter? Es sollte selbstverständlich sein, dass man für das eigene Land das Beste will. Als Deutschland eine brutale Diktatur war, trat nahezu die gesamte Gesellschaft geschlossen ein für Deutschland - und im Falle der Bundesrepublik? Geht man da auf Distanz zu Deutschland?
Die Infragestellung eines solchen Verhaltens hat weniger mit Nationalismus zu tun als vielmehr mit Normalität. Jeder Angestellte einer Firma setzt sich für das Wohl seiner Firma ein und nicht primär für das des Nachbarn oder sogar das der Konkurrenz, andernfalls hat er seine Aufgabe verfehlt. Dies sollte auch für die Politik gelten.


 

UN Sicherheitsrat

 

Westerwelles Fehleinschätzung

 

Schon am Tag nach dem Votum des UN-Plenums zu Gunsten eines Sitzes für Deutschland, wird offensichtlich, wie fehlerhart  die deutsche Diplomatie die Realitäten beurteilt. Ziel Westerwelles ist die atomare Abrüstung und ein gemeinsamer Sicherheitsratssitz für die EU.
Doch England und Frankreich wollen ihren Sitz behalten, so dass ein solches Ansinnen von vorn herein zum Scheitern verurteilt ist. Im Gegenteil es könnte bei den Bundesgenossen zu Befremden führen, wenn Westerwelle hier vorprescht.
Die atomare Abrüstung ist von den Mitgliedern des Sicherheitsrats nicht gewünscht. Aber wenn schon darüber geredet wird, dann sollen diese - nach deren eigenem Verständnis - in der Diskussion aktiv werden, aber wohl kaum Deutschland. Westerwelle wird vermutlich nicht gegen die Verbündeten agieren wollen, so dass damit zu rechnen ist, dass die angekündigten Initiativen im Sande verlaufen.